Der Thurnmarkt
- „Wiege" des Cölner Ruder Clubs von 1872 -
von H. Helmut Westhelle

 

Hier, am Thurnmarkt 28-34, führte Louis Harperath „Marchand de vin" seinen Gasthof und Weinhandel „Kölnischer Hof", ein beliebtes Stammlokal in der Stadt und dem Rheinviertel. Hier traf man sich und tauschte Erfahrungen, Ideen und Neues aus.

 

Naheliegend ist, dass sich die neue Freizeitbeschäftigung „Sport" als ein großes Thema entwickelte und somit sicherlich auch der Rudersport. Diesen Sport hatten bereits einige der Stammtisch-Herren kennengelernt, wie der Tabakhändler und Schnupftabakfabrikant Henri Minderop in seiner Heimat Rotterdam und auf ihren Geschäftsreisen nach England, Hamburg und in den Niederlanden, der Verleger Ludwig Dumont, der Häute- u. Lederhändler Viktor Nacken, die Rohseidenhändler Emil und Robert Peill, der Holzhändler Sulpiz Jean Paul Boisserée, die Fabrikanten Max Karl Charlier und Julius F. Vorster und der Großhändler für Gewürze, Farb- u. Duftstoffe Wilhelm Alexander Nierstraß. Es ist anzunehmen, dass sie neben der Körperertüchtigung auch den exklusiven gesellschaftlichen Status des Ruderns schätzen gelernt hatten.

 

Es war eine Zeit des nationalen, wirtschaftlichen, kulturellen Erwachens, insbesondere des erfolgreichen Wirtschaftsbürgertums. Die Idee zur Gründung eines Ruderclubs in Köln, in der Tradition englischer und hanseatischer Herrenclubs fand daher schnell großes Interesse. 1872 wurde die Idee in die Tat umgesetzt und der „Cölner Ruder Club" gegründet. Sportliche Betätigung und die Pflege eines gesellschaftlichen niveauvollen Clublebens gingen einander her und ergänzten sich.

Es war der 1. Rudersportverein in Köln, sowie am deutschen Rhein zwischen Basel und Emmerich. Zum ersten Präsident wurde Ludwig Dumont gewählt. Sportlich unterstützt von dem Kanadier und Ruderpionier Dr. W. R. Patton als Instruktor.

Man beschaffte sich ein bescheidenes, schwimmendes Bootshaus und einige, englische Ruderboote. Der Liegeplatz des Bootshauses war hier am Leystapel bzw. an der Leystapelwerft, neben der Rheingassenrampe und vor der Einfahrt zum späteren Rheinauhafen. Fast selbstverständlich, dass das Clublokal des jungen Vereins der „Cölnischer Hof" am Thurnmarkt wurde!

 

Die Begeisterung für den Rudersport war erfreulich groß und zog weite Kreise in alle Schichten der Kölner Gesellschaft an.

1875 organisierte unser Club, zusammen mit dem Frankfurter Ruderverein, die 1.„Kaiserregatta" in Bad Ems, die zur bedeutendsten Ruderregatta im Deutschen Reich geadelt wurde. Am 1. Juli 1876 überreichte Kaiser Wilhelm I. unserem siegreichen Vierer: W. Nierstrass jr., Luit. Müller, Jos. Leiden, Dr. W. R. Patton, Stm. Jos. Buch den begehrten Kaiser-Pokal, der heute als Leihgabe im Deutschen Sport- und Olympia Museum in Köln ausgestellt ist. Am 15. Oktober 1876 fand die erste Kölner Ruderregatta auf dem Rhein statt, deren Tradition noch im heutigen Kölner-Stadtachter weiterlebt.

 

Durch den erfreulichen Zuwachs an Mitgliedern wurde das erste Bootshaus zu klein und bereits 1878 konnte Präsident Wilhelm Deichmann ein neues, größeres schwimmendes Bootshaus des „Cölner Ruder Club" festlich einweihen!

Dieses Bootshaus wurde jetzt an die Stromseite des Rheinauhafens und an der Promenade des „Werthchens" verlegt, denn der Ausbau des Rheinauhafens machte den bisherigen Liegeplatz am Leystapel sehr ungemütlich. Heute stehen auf diesem Hafenarm die „Kranhäuser" und das „Deutsche Sport und Olympia Museum".

Der Bootspark wurde erheblich erweitert und beinhaltete unter anderem einen „Ruder-Achter“, der bis in die 1890er-Jahre der einzige Achter in Köln blieb.

 

1882 kam es zu einer Neufindung des „Cölner Ruder Club“. Präsident und Bankier Wilhelm Deichmann sanierte in seiner Amtszeit von 1878–1890, aus privaten Mitteln den „Cölner Ruder Club" und dieser wurde in „Cölner Club" umbenannt.

Diese Namensänderung kam man dem Wunsch entgegen, den Club sportlich und gesellschaftlich vielseitiger aufzustellen!

Am 17. März 1883, Rudertag in Köln, wurde der Deutschen Ruderverband im Kölner Gürzenich gegründet, wie es im Protokoll dieser Sitzung heißt „im geschmackvoll ausgestatteten Lokal des „Cölner Clubs“. Unser Präsident Wilhelm Deichmann wurde zum 2. Vorsitzenden dieses ersten DRV-Vorstandes gewählt und war mit Dr. William Robert Patton maßgeblich an der Schaffung der „Allgemeine Wettkampfbestimmung und des Grundgesetzes des deutschen Ruderverbandes" beteiligt, der ersten Sport- und Amateurordnung im deutschen Sport. Heute gilt der DRV als der größte Ruderverband der Welt! Über große Erfolge unserer Ruderer ist leider nichts mehr überliefert. Gestartet wurde auf Regatten in Bad Ems, Frankfurt/Main, Mainz, Rotterdam und 1883 in Hamburg und Berlin-Grünau. 1886 startete Dr. W. R. Patton für unseren Cölner Club in Frankfurt/Main und wurde Deutscher Vize-Meister. Sein Konterfei in Siegerpose und unserem Clubtrikot u. -kappe ziert inzwischen manche Chronik Kölner Rudervereine. Dr. Patton blieb in seiner Kölner Zeit, mit kurzer Unterbrechung, Mitglied im Cölner Club bis zu seiner späteren Heimkehr nach Kanada.

 

Die Bootshäuser auf dem Rhein wurden jedes Jahr zum Schutz vor Eisgang und zur Renovierung in sichere Winterhäfen geschleppt. Dieser Transport war teuer und riskant, daher bot sich ein neuer Liegeplatz gegenüber dem aktuellen Winterhafen Mülheim an. Unser Bootshaus wurde ab 1892 und für fast 20 Jahre ans Kaiser-Friedrich-Ufer am „Thürmchen" gelegt, vor den Park und dem Sommerhaus von Eduard von Oppenheim und vor die noch heute erhaltene Kaponniere der preußischen Stadtbefestigung gelegt.

 

Dem Wunsch nach einem repräsentativen Clubhaus für große Gesellschaften wurde größer und der Sport wurde offensichtlich immer mehr zur Nebensache. 1905, unter der Präsidentschaft von Bankier Carl Th. Deichmann, wurde diese Idee sehr konkret. Um dieses Bauvorhaben des Clubs zu realisieren und die Finanzierung zu unterstützen, gründeten 40 Herren mit großzügigen Einlagen die Cölner Clubhaus GmbH.

 

Die Gründer der Cölner Clubhaus GmbH waren:

 

  1. Herr Com. Rat Theodor von Guilleaume, Fabrikbesitzer zu Köln
  2. Herr Com. Rat Max von Guilleaume, Industrieller zu Köln
  3. Herr Paul Andreae, Rittergutsbesitzer zu Haus Mielenforst
  4. Herr Karl Theodor Deichmann, Bankier zu Köln
  5. Herr Dr. Albert Ahn, Verlagsbuchhändler zu Köln
  6. Herr Dr. Max Heimann, Rechtsanwalt zu Köln
  7. Herr Fritz Vorster, Fabrikbesitzer zu Köln-Marienburg
  8. Herr Com. Rat Otto Deichmann, Bankier zu Köln
  9. Herr Com. Rat Carl Leverkus sen., Fabrikbesitzer zu Köln
  10. Herr Dr. Viktor Schnitzler, Rechtsanwalt zu Köln
  11. Herr Karl Wahlen, Fabrikbesitzer zu Köln
  12. Herr Max Charlier, Kaufmann zu Köln
  13. Herr Paul Charlier, Fabrikbesitzer zu Mülheim a. Rhein
  14. Herr Paul Schnitzler, Landgerichtsrat a.D. zu Köln
  15. Herr Otto Andreae jun., Fabrikbesitzer zu Mülheim a. Rhein
  16. Herr Com. Rat Carl Scheibler, Fabrikbesitzer zu Köln
  17. Herr Hans Zanders, Fabrikbesitzer zu Bergisch Gladbach
  18. Herr Friedrich Grüneberg, Kaufmann zu Köln
  19. Herr Peter Georg Wahlen, Fabrikbesitzer zu Köln
  20. Herr Wilhelm Langen, Fabrikbesitzer zu Köln
  21. Herr Emil Lindgens, Fabrikbesitzer zu Mülheim a. Rhein
  22. Herr Adolf Lindgens, Fabrikbesitzer zu Mülheim a. Rhein
  23. Herr Carl von der Herberg, Fabrikdirektor zu Mülheim a. Rhein
  24. Herr Carl Julius Leverkus, Fabrikbesitzer zu Köln
  25. Herr Com. Rat Dr. Josef Neven DuMont, Kaufmann zu Köln
  26. Herr Hermann Scheibler, Rentner zu Köln
  27. Herr Paul van der Zypen, Kaufmann zu Köln
  28. Herr Robert Peill, Kaufmann zu Köln
  29. Herr Com. Rat Julius Vorster, Fabrikbesitzer zu Köln
  30. Herr Leo Schmelzer, Kaufmann zu Köln
  31. Herr Gottlieb Langen, Fabrikbesitzer zu Köln
  32. Herr Dr. Hans Langen, Fabrikbesitzer zu Köln
  33. Freiherr Simon Alfred von Oppenheim, Bankier zu Köln
  34. Herr Eugen Pfeifer, Gutbesitzer zu Annaberg
  35. Herr Arthur Leverkus, Kaufmann zu Köln

Das am 23. März 1905 nicht alle Gesellschafter anwesend waren, zeichnet Herr Dr. Max Heimann, Rechtsanwalt zu Köln, die Anteile der Herren:

  1. Herr Alfred Neven DuMont, Kaufmann zu Köln
  2. Herr Dr. Karl Joest, Gutsbesitzer zu Eichholz bei Sechtem
  3. Herr Fritz Langen, Fabrikant zu Köln
  4. Herr Eugen Rautenstrauch, Kaufmann zu Köln
  5. Herr Ernst Michels, Kaufmann zu Köln

 

Mit dem neuen Clubhaus wurde die Idee eines Clublebens in der Tradition englischer Herrenclubs verwirklicht. Der sportliche Mittelpunkt blieb vor allem der Rudersport, ergänzt durch Tontauben- schießen, Radtouren sowie dem Kegeln auf der hauseigenen Kegelbahn.

Aber die großen Bälle und Empfänge im Clubhaus wurden zu Höhepunkten im Kölner Gesellschaftsleben. Zu den prominenten Gästen gehörten u. a. Wilhelm Kronprinz von Preußen, aber auch der spätere Reichskanzler Franz von Papen, wie Graf Luckner und Größen des Kölner Karnevals, wie z.B. Willy Ostermann. Selbstverständlich stand das Clubhaus für private und geschäftliche Feiern und Treffen zur Verfügung. Seit Gründung und dem beginnenden 20. Jahrhundert zählte der Cölner Club zeitweise über 300 Mitglieder, überwiegend Herren aus der Wirtschaft, Politik und dem Militär.

 

Der Rudersport trat leider immer mehr in den Hintergrund. 1919–1924 war das Bootshaus von den Engländern beschlagnahmt. 1927 verlegte man das Bootshaus vom Kaiser-Friedrich-Ufer nach Bayenthal an das Oberländer-Ufer vor die Villa Emil von Oppenheim.

1931 fand wieder eine Club-Regatta auf dem Rhein statt. Die Preise wurden von Herrn Max Clouth gestiftet. 1934 wurde das clubeigene Bootshaus verkauft, somit endete das Rudern nach 62 Jahren.

 

1930 bis 1960, in der wohl schwersten Zeit des Cölner Clubs, leitete Eugen Gottlieb von Langen, 30 Jahre als Präsident die Geschicke des Vereins und behielt die Fäden in der Hand.

1995 begann unter dem Präsidenten Gerd Brügelmann der Wiederaufbau des im Kriege zerstörten Clubhauses. Der Neubau wäre ohne das große persönliche Engagement und dem Idealismus des Vorstandsmitglieds und späteren Präsidenten Gerd von Stein undenkbar gewesen.

 

1995 fand unter Präsident Eulenstein und Herrn Achim Beckmann als Geschäftsführer der Cölner Clubhaus GmbH und dem Kegelpräsidenten Herrn H. Helmut Westhelle der Umbau und die Renovierung der Kegelbahn des Clubs sowie eine aufwendige Sanierung des Treppenhauses statt.

2006 stiftete unser Club unter Präsident Lothar Petersen dem Kölner Ruderverein v.1877 ein Vierer-Ruderboot mit der Idee, das Rudern unseren Mitgliedern wieder näher zu bringen.

2012 organisierte Präsident H. Helmut Westhelle einen „Schnupper-Rudertag" beim Kölner Ruderverein v.1877 für unsere Damen und Herren, unter großer Beteiligung aller Altersklassen und starken Leistungen beim anschließenden feiern! Leider verliefen eine weitere Einladung und das Interesse am Rudern endgültig im Sand der „Rodenkirchener Riviera"!

 

2013–2014 erfolgten unter dem Präsidenten H. Helmut Westhelle und dem Geschäftsführer der Cölner Clubhaus GmbH, Herrn Florian von Stein, die Aufstockung und Sanierung des Club-Hauses und ein großzügiger Ausbau der oberen beiden Etagen mit neuen Clubräumen und Terrassen, mit einem einzigartigen Blick auf die Stadt und den Kölner Dom.

Diese vielseitigen Räumlichkeiten ermöglichen auch in Zukunft ein geselliges und interessantes Miteinander für die Mitglieder des Cölner Clubs, Ihre Familien und Freunde.

 

Seit über 150 Jahren lebt in unserem Cölner Club der Grundgedanke eines über Generationen ausgeprägten Gemeinsinns und einer freundschaftlichen, auch familiären Verbundenheit, in Verbindung mit einer Risikobereitschaft für etwas Neues, die auch damals schon die Herren als Unternehmer auszeichnete!

Darüber hinaus standen und stehen unsere Clubmitglieder für Weltoffenheit, Toleranz und ein stilles Mäzenatentum.

 

Präsidenten Cölner Ruder Club v. 1872 und Cölner Club v. 1882

1872-1874 Ludwig Dumont
1874-1876 Henry Minderop
1876-1877 Viktor Nacken
1877-1878 Julius F. Vorster
1878-1890 Wilhelm Deichmann
1890-1898 Viktor Schnitzler
1898-1901 Friedrich Otto Andreae
1901-1910 Carl Theodor Deichmann
1910-1924 Eugen von Rautenstrauch
1924-1925 Rudolf von Keudell
1925-1930 Arthur Leverkus
1930-1960 E. Gottlieb von Langen
1960-1979 Gerd Brügelmann
1979-1982 Egon Arnolds
1982-1988 Gerd von Stein
1988-1997 Horst Eulenstein
1997-2010 Lothar Petersen
2010-2022 Helmut Westhelle
seit 2022 Dr. Thomas Varain